Verbesserung der Blutsicherheit ist ein gefragtes Thema: 315 Teilnehmende aus 55 Ländern bei BloodTrain-Seminarreihe zur Hämovigilanz
Seit 2019 stärkt das BloodTrain-Team mit seinen Partnerländern systematisch die Hämovigilanz. Wie der Aufbau eines effektiven Überwachungssystems für die Blutsicherheit gelingt, welche Erfahrungen andere Länder dabei gemacht haben und welche Herausforderungen es zu meistern gilt, waren Themen der BloodTrain-Seminarreihe. Sie fand vom 5. bis 7. September 2023 online statt.
Die Hämovigilanz umfasst ein komplexes System zur Überwachung der gesamten Bluttransfusionskette von der Blutentnahme bis zur Transfusion und der Nachbeobachtung der Transfundierten. Es dient der Sicherheit und der verbesserten Verwendung von Blut und Blutprodukten. Unter anderem durch die Arbeit am Aufbau von Hämovigilanzsystemen in Afrika hat BloodTrain Erfahrung in verschiedenen nationalen Kontexten in Low- and Middle-Income Countries (LMIC; Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen). Auf dieser Grundlage konzipierte das Team einen auf die Bedürfnisse zugeschnittenen Workshop, der sich auf wichtige Schritte, kritische Punkte und auch Fallstricke konzentriert. Neun internationale Expertinnen und Experten für Hämovigilanz trugen in 16 praxisnahen Vorträgen ihr Wissen und ihre Lessons Learnt vor und diskutierten anschließend die Fragen der Teilnehmenden. Der Projektleiter von BloodTrain, Dr. Jens Reinhardt, fasst zusammen: „Mit dem hochkarätig besetzten Online-Workshop konnten wir das Wissen über Hämovigilanz vertiefen und weiteren interessierten Ländern zugänglich machen. Dass der Workshop mit 315 Teilnehmenden aus 55 Ländern sehr gut besucht war, unterstreicht einmal mehr die Relevanz und Aktualität unserer Aktivitäten im Bereich Blutsicherheit.“ BloodTrain stellte seinen Partnerländern im Nachgang die Aufzeichnungen der Vorträge zur Verfügung. Alle Teilnehmenden erhielten die Präsentationen als PDF.
Drei inhaltliche Blöcke: Grundlagen, Aufbau und praktische Umsetzung
Die Seminarreihe bestand aus drei Blöcken. Der erste gab einen Überblick, was ein Hämovigilanzsystem (HV) leisten sollte, wie es organisiert werden kann und vermittelte Details zu den grundlegenden Aufgaben. Dazu gehören z.B. Meldewege für unerwünschte Ereignisse, Kausalitätsbewertungen oder die Rückverfolgung von Ereignissen. Dr. Philipp Berg vom Paul-Ehrlich-Institut, das in Deutschland als Bundesoberbehörde die Meldungen in der Bluttransfusionskette erfasst und auswertet, machte darauf aufmerksam, dass beispielsweise ein transparentes behördliches Berichtswesen in der Hämovigilanz die Bereitschaft der Stakeholder erhöhe, auch Ereignisse zu melden. Hämovigilanz sei ein Prozess, an dem viele verschiedene Akteure beteiligt seien, und es sei wichtig, in den Berichten offen zu legen, was die Behörde mit den erhaltenen Daten mache. Beispielsweise sollen regelmäßig Zahlen über schwerwiegende Transfusionszwischenfälle oder neue Infektionserreger analysiert und veröffentlicht werden, um die Grundlage für Verbesserungen im System zu schaffen.
Ziel der Hämovigilanz ist die kontinuierliche Verbesserung der Bluttransfusionskette
Dass genau dies das Ziel eines Hämovigilanzsystems ist, nämlich die kontinuierliche Verbesserung der Bluttransfusionskette, betonte Dr. Yuyun Maryuningsih von der Sektion “Blood and Other Products of Human Origin” am Hauptsitz der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. Mit ihrem Vortrag begann der zweite inhaltliche Block, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren, wie sie konkret an den Aufbau eines Hämovigilanzsystems in ihrem Land herangehen können. Dr. Maryuningsih erläuterte die verschiedenen Leitfäden, die die WHO zur Orientierung und schrittweisen Umsetzung erstellt hat. In drei weiteren Vorträgen erläuterten Vortragende aus Indien, Namibia und Sambia ihren Weg zum Aufbau eines Hämovigilanzsystems und gaben Erfahrungen weiter. Zum Beispiel, dass es in Indien einige Jahre gedauert hat, bis das HV-System etabliert war, oder wie wichtig es ist, dabei das Personal im Gesundheitswesen mit einzubeziehen und zu schulen. Dadurch könne die Meldung von Ereignissen deutlich verbessert werden.
Risikominimierung durch Teamwork
Im dritten inhaltlichen Block berichteten Referenten aus den drei Akteursgruppen, die in einem Hämovigilanzsystem im Idealfall optimal zusammenarbeiten, über ihre konkrete Arbeit zur Verbesserung der Blutsicherheit: das Krankenhaus, das Patienten Blut oder Blutkomponenten transfundiert, die Blutspendeeinrichtung, die das Spenderblut entnimmt, testet und meist zu Blutkomponenten verarbeitet, und die regulatorische Aufsichtsbehörde. Dr. Michael Schmidt, Professor für Transfusionsmedizin am Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und beim Deutschen Roten Kreuz, beschäftigt sich sowohl mit der Sicherheit der Spender als auch der Empfänger. In seinem Vortrag konnte er anschaulich darstellen, wie Fälle von Bakterien- oder Virusübertragungen durch Transfusionen durch Rückverfolgung und Ursachenforschung zu entscheidenden Änderungen der Anforderungen an Lagerungszeiten oder Testverfahren geführt haben. Er betonte auch, dass eine optimale Teamarbeit zwischen Krankenhaus, Blutspendedienst und Behörde für eine kontinuierliche Risikominimierung notwendig ist. Eine vollständige Liste der Redner und ein Link zur Agenda finden Interessierte unten.
Referentinnen und Referenten:
Dr. Philipp Berg, Paul-Ehrlich-Institut
Lesley Bust, Africa Society for Blood Transfusion
Dr. N. Choudhury, Asian Association of Transfusion Medicine
Dr. Yuyun Maryuningsih, Weltgesundheitsorganisation
Dr. Faten Moftah, Africa Society for Blood Transfusion
Dr. Susanne Müller, Paul-Ehrlich-Institut
Dr. Joseph Mulenga, Zambia National Blood Transfusion Service
Dr. Shruthi Narayan, Serious Hazards of Transfusion
Washington Samukange, Enabel-Belgian Development Agency
Dr. Michael Schmidt, Deutsches Rotes Kreuz & Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Dr. Mary Townsend, International Haemovigilance Network / International Society for Blood Transfusion,
Dr. Carla van Zyl, Namibian Blood Transfusion Service
Auswahl an weiterführenden Links:
- PEI Hämovigilanz Berichte:
- Standardisierter Spenderfragebogen des PEI
- ISBT Haemovigilance Ressourcen